Wenn du denkst du hast dich schon verabschiedet…

… du aber tatsächlich noch loslassen musst.

Die letzten Tage, ich kann ja tatsächlich schon von Wochen schreiben, sind vergangen wie im Fluge. Ich war so beschäftigt mit fahren, ankommen, Yoga unterrichten, surfen, umziehen (ja, ich bin tatsächlich aus meinem ursprünglichen Apartment in ein kleines Holzhaus gezogen) wandern, Freunde treffen, Geburtstag feiern, Surfguiding und und und beschäftigt, dass ich doch noch gar nicht richtig angekommen bin.

Heute habe ich einen Tag Pause, Zufall oder perfektes Timing? Es trifft mich jedenfalls wie ein Hammerschlag.

Mein Baby zieht in die Welt und ich muss loslassen, was ich schon hinter mir gewähnt habe. Ich freue mich, dass sie dieses Schritt wagt. Ein anderes Land, eine andere Kultur, eine andere Familie, Arbeit. Ich habe dem Tag entgegengefiebert, an dem sie das Haus verlässt, damit ich anfangen kann mein Leben zu leben. Ich dachte bis vor zwei Jahren, dass ich kein eigenes hätte. Bis mir klar wurde, dass das, was gerade ist, mein Leben ist. Das ich nicht warten muss, bevor ich anfangen kann, dass es genau jetzt passiert und ich mitten drin stecke – im Leben, genau in dem, das ich mir ausgesucht habe. Manchmal ist man halt einfach etwas bekloppt 😉

Gut, heute nun heißt es loslassen. Loslassen, darin sollte ich doch nun wirklich Profi geworden sein. Aber das eigene Kind loszulassen, damit es sich entwickeln und entfalten kann ist neu! 22 Jahre habe ich mich gekümmert, gesorgt, organisiert, Verantwortung getragen, gestritten und gelacht. Und nun soll das vorbei sein? Natürlich ist es nicht vorbei, es wird nun anders sein. Räumlich sind wir ja schon eine Zeit getrennt, nur fühlte sich diese Trennung nicht endgültig an. Irgendwie fühlte ich mich bis gerade noch wie im Urlaub. Aber ich bin ja unterwegs. Auch weg. Warum mir nun der Tag ihrer Abreise aus Deutschland verdeutlicht was eigentlich los ist, ist natürlich kein Zufall. Jetzt ist die Entscheidung, zu reisen, getrennte Wege zu gehen endgültig. Kein zurück. Kein Urlaub. Ich stecke – verrückterweise – schon wieder da wo ich hin wollte und immer war: mitten im Leben!

Also tief durchatmen, alles beruhigt sich dann von selbst und den Dingen Zeit geben, dann läuft es schon mit dem loslassen.

Für meine geistige Klarheit rezitiere ich heute das Gayatri Mantra


Om Bhur Bhuvah Svah Tat Savitur Varenyam Bhargo Devasya Dhimahi Dhiyo Yo Nah Prachoday
at

भूर् भुवः स्वः तत् सवितुर् वरेण्यम् भर्गो देवस्य धीमहि धियो यो नः प्रचोदयात्

An dieser Stelle möchte ich klarstellen, dass ich die Phrase “loslassen” benutze, weil die allgemein geläufig ist. Ich aber zu keiner Zeit mein Kind “festhalten” wollte. (Außer fest im Arm zum Abschied) schließlich ist sie schon immer ein eigenständiger Mensch gewesen, den ich in die Welt bringen und begleiten durfte, darf und werde. ❤️

Tschüß Oldenburg

Es ist soweit, das Auto ist gepackt, bis unters Dach. Jetzt geht es los. Es wollen noch ein paar Formalitäten erledigt werden, denn so einfach ist das Reisen ohne Heimat nicht. Mein Auto benötigt eine Meldeadresse, also bin ich zu einem Freund nach Hamburg gezogen. Ein gutes Gefühl noch ein offizielles “Zuhause” zu haben.

Aber was bedeutet eigentlich Zuhause? Ist es dort, wo man wohnt, ist es dort wo man geboren ist oder ist es gar ortsunabhängig ? Ist Zuhause vielleicht mehr ein Gefühl, welches sich – hoffentlich bei jedem – irgendwann einstellt?

Oldenburg war definitiv mein Zuhause, nicht zuletzt, weil hier meine Tochter geboren wurde. Hier habe ich über die Hälfte meines Lebens gewohnt, gelacht, geweint, gelebt. Habe Freunde gefunden, die Familie wurden, Freunde verloren. Hier bin ich erwachsen geworden.

Ganz einfach ist es nicht loszulassen, aber ich muss weiter gehen, um nicht still zu stehen.

Ich glaube fest daran, dass Zuhause ein Gefühl ist, welches man überall mit hin nehmen kann. Ein gutes Gefühl, welches spiegelt nicht allein auf der Welt zu sein. Zu wissen, dass es Menschen gibt, die an mich glauben, die sich mit mir freuen, die mich unterstützen, ist schon einmal eine gute Basis.

Tschüss Oldenburg, keine Angst, wir sehen uns wieder und ein ganzen Stück von dir nehme ich mit.

Hallo Welt! Ich komme. Ich bin total gespannt, was mich erwartet, welche Abenteuer du für mich bereit hälst und ob du für mich ein neues Zuhause wirst.

Eine abenteuerliche Idee, eine arbeitsreiche Umsetzung

… und eine emotionale Herausforderung.

Wow, da gehört aber Mut dazu. Das ist genau das, was ich seit Wochen, Monaten höre.

Bin ich mutig oder verrückt? Heute packt es mich, ich bereite gerade die Küche vor, morgen wird sie abgeholt. Hektisches atmen, was ist da los? Das Ende, der Beginn steht kurz bevor, da gehen mir doch meine coolen, mutigen Moves verloren und ich fange ein wenig an zu hyperventilieren. Panikattacke? Bitte nicht, ich brauche doch einen klaren Kopf. Aber was einmal anfängt, lässt sich schwer aufhalten.

Atmen. Ich atme tief ein, vollständig aus, ein paar mal, der Sympathikus scheint sich wieder zu beruhigen. Ein Telefonat mit einem Freund tut sein übriges. Ja, es sieht einfach aus, aber es ist manchmal schwierig aus dem gewohnten Leben auszusteigen. Du bist eben nicht immer mutig, was stellt man eigentlich mit all der Freiheit an?

Hast du dir schon mal überlegt, was es bedeutet frei zu sein, keine Entscheidung ist mehr abhängig von irgend etwas? Nur noch von dir und deiner Tagesform? Fahre ich heute mit dem Auto nach Portugal oder oder fliege ich nach Denpasar? Alles ist möglich. Und genau das kenne ich nicht, daran muss ich arbeiten, zulassen, dass ich die Regisseurin meines Lebens bin.

War ich das letzte Leben lang doch bestimmt von irgendwelchen Regulatoren. Geh zur Schule, mache einen besonders guten Abschluss, werde etwas Bedeutendes, damit war nicht gemeint, ein Kind im Kindesalter zu bekommen. Denn dann bestimmt dich die Verantwortung. Aber mein Leben war nie gerade – also alles anders. Meine wundervolle Tochter ist nun erwachsen, ich kann meine Verantwortung ihr gegenüber in ihre Hände legen.

Aber wie ist es nun selbstbestimmt zu leben? Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich aktuell ganz schön Angst habe und nicht weiß, was, wie und wo etwas passiert. Ich weiß nur es wird passieren. Ich kann und will es nicht aufhalten, denn so fühlt sich das Leben an. Nach Leben. Nach Freiheit. Nach Entscheidung. Nach unendlichen Möglichkeit. Nach Unsicherheit. Nach Angst. Nach Arbeit – vor allem an dir selbst.